Libanon
»Ich hasse dieses Land! Am liebsten würde ich es verlassen und nie mehr zurückkehren!« Was diese junge Taxifahrerin zum Ausdruck bringt, denken viele Libanesen. Das tief zerrüttete Land steht politisch, wirtschaftlich und sozial vor dem Abgrund.
Nach dem Bürgerkrieg (1975-1990) wurde die Machtbalance zwischen den teils erbittert verfeindeten Bevölkerungsgruppen festgeschrieben. Oberste Staatsposten, aber auch Positionen bis hinab in die niederen Verwaltungsebenen, werden seitdem anhand eines Konfessionssystems vergeben. Die personelle Zusammensetzung der Verwaltung muss die religiöse und konfessionelle des Landes widerspiegeln. Was harmonisch anmutet, hat jedoch das Leistungsprinzip ausser Kraft gesetzt und der Korruption unter ehemaligen Miliz- und späteren Parteiführern Tür und Tor geöffnet.
Der überforderte Staat beheimatet zusätzlich mehr als 1.5 Millionen syrische Flüchtlinge, die seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs ein Leben im libanesischen Exil führen. Diese müssen als Sündenböcke für die Misere herhalten. Sie würden Arbeitsplätze und Wohnungen wegnehmen, lautet der Vorwurf an sie. Doch in Wirklichkeit hausen viele von ihnen noch immer unter prekären Bedingungen in Flüchtlingscamps und verrichten einfache Feldarbeit. Viele syrische Kinder sind Analphabeten, weil es in den libanesischen Schulen keinen Platz für sie gibt.