February 16 2024

Heimliche Hilfe

MALI
Seit einigen Jahren leidet die christliche Bevölkerung in Zentralmali unter starker Verfolgung, einhergehend mit Vertreibung und Hunger. AVC konnte heimlich Hilfe bringen.

Im Zentrum von Mali lebt eine starke christliche Gemeinschaft. Sie ist die Zielscheibe der Dschihadisten, die seit 2012 von Norden her immer weiter vordringen. »Die Terroristen sind bewaffnet, wir können nichts gegen sie ausrichten«, klagt ein älterer Dorfbewohner. »Zudem haben sie Spitzel und Informanten und spionieren uns aus. Wir beten jeden Tag zu Gott, dass er uns Frieden schenken möge!«

Beschwerliche Reise
In einer dreimonatigen Untersuchung erstellte ACP Néhémie Mali Listen der christlichen Familien, die Massaker überlebt haben und noch immer unter der Verfolgung und Vertreibung leiden. Vor kurzem startete unser Team vom Süden des Landes aus eine grossangelegte Aktion, um die betroffenen Christen mit Nahrungsmitteln zu versorgen und sie zu ermutigen.

Dabei war für unsere Partner die 700 Kilometer lange Reise recht beschwerlich. »Eine Panne des komplett überfüllten Busses blockierte uns für zwei Stunden – die Transportunternehmen lassen hier keine guten Busse mehr fahren, da diese regelmässig von Landminen zerfetzt werden«, erzählt unser lokaler Projektleiter Mathieu. Als es dann weiterging, fuhr der Chauffeur mit über 140 Stundenkilometern auf einer Serpentinenstrasse. »Er hatte zwei Möglichkeiten: entweder vorschriftsgemäss fahren und riskieren, von Terroristen angegriffen zu werden, oder rasen, um den Hinterhalten zu entgehen. Meist wird die zweite Option gewählt.«

Es fehlt an allem
Die erste Verteilstation war die Stadt Bankas, wo es fast täglich zu Übergriffen der Dschihadisten kommt. »Hier versammelten wir alle Pastoren. Mit einem biblischen Input und einem gemeinsamen Essen konnten wir sie ermutigen«, berichtet Mathieu. Anschliessend wurden 100 Familien mit je 50 Kilo Reis, 50 Kilo Hirse, 10 Liter Öl und einem Betrag von umgerechnet rund 25 Franken beschenkt.

In der Region Mopti mit den Ortschaften Madougou, Douna-pen und Koro versorgte das Team von ACP Néhémie Mali 319 Familien, insgesamt 3600 Personen. In Koro leben hunderte christlicher Binnenvertriebener in einer grossen Siedlung, bewacht von der malischen Armee. »Hier fühlen wir uns wie Gefangene. Wir haben Schwierigkeiten, Arbeit zu finden. Die medizinische Versorgung ist schlecht. Unsere tägliche Herausforderung ist es, eine Mahlzeit auf den Tisch zu bringen – wir haben Hunger! Wir wünschen nichts mehr, als in unsere Dörfer zurückzukehren«, sagt ein Vertriebener.

Urkunden, Kleider, Vieh, Getreidevorräte, Ackerland, Häuser – das gesamte Hab und Gut musste zurückgelassen werden. Die meisten haben Traumatisches erlebt. »Unser Dorf wurde von Dschihadisten zerstört und wir wurden gezwungen, nach Koro zu flüchten. Alles, was wir hatten, gehört nun ihnen. Auf der Flucht wurde der Vater meines Mannes vor unseren Augen ermordet«, berichtet eine Frau. Eine weitere erzählt: »Die Terroristen überfielen mein Dorf und töteten 20 Männer und all unser Vieh. Wir Frauen konnten nach Koro fliehen.«

Zu den Gräueltaten gesellt sich religiöser Terror. »Eines Tages fuhren uns die Islamisten in den Busch hinaus und verlangten von uns, dass wir ihre Gebete sprachen. Wir lehnten ab. Sie gaben uns eine Frist von drei Tagen, um das Dorf zu verlassen.« Und auch in Koro sind die Kirchen mittlerweile zerstört oder geschlossen, und Gottesdienste sind  verboten.

Fremdbestimmt und unterdrückt
Mehrere Dörfer in der Umgebung der Stadt Koro werden von Dschihadisten kontrolliert, darunter Douna-pen, in dem mehr als 4000 Christen leben. Bis tief in die Gepflogenheiten der Dorfgemeinschaft hinein haben die Unterdrücker das Sagen. Frauen wird unter Androhung von Schlägen befohlen, sich zu verschleiern, wenn sie das Haus verlassen. »Trotzdem weigern wir uns«, erzählt eine Dorfbewohnerin. »Wie sollen wir denn mit dem Schleier arbeiten und Holz holen? Das geht für uns nicht.«

Frauen und Männer dürfen sich nicht mehr am gleichen Ort aufhalten, und Männer sind gezwungen,Hosen zu tragen, die bis zum Knöchel reichen. »Uns ist verboten, Musik zu hören, zu singen und Musikinstrumente zu spielen. Auch dürfen wir keine Gottesdienste und keine Hochzeitsfeste mehr feiern«, klagt ein Einheimischer. Kontrolliert wird auch die Kommunikation: Die Telefonverbindungen werden von den Terroristen abgehört und oft auch unterbrochen.

Den Bauern wurde das meiste Ackerland entrissen. Jeder konnte nur noch ein kleines Stück behalten. Viele Familien im Dorf klagen, sie hätten zu wenig zu essen.  Auch leiden sie unter akutem Mangel an sauberem Trinkwasser.

Die Verteilung unserer Lebensmittel erfolgte heimlich. Unsere Partner verteilten in Zentralmali insgesamt 33 Tonnen Reis, 33 Tonnen Hirse, 7 Tonnen Öl und umgerechnet 15 500 Franken. Diese Unterstützung, die ohne das Wissen der Terroristen geleistet werden konnte, wird der betroffenen Bevölkerung für mindestens vier Monate grosse Erleichterung bringen. »Sie hat die Gemeinschaften gestärkt und wurde dankbar angenommen«, so Mathieu.



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