25. August 2023

Hoffnung im Exil

IRAN
Lobpreislieder und Halleluja-Rufe erfüllen die feucht-heisse Luft in einem türkischen Bad. Die politischen Flüchtlinge Jihane* und Bahram* aus dem Iran besiegeln ihr Ja zu Jesus mit der Taufe im Hamam.

Klatschen, Singen, Jubel, laute Gebete: Die Stimmung im Hamam ist trotz der Hitze ausgelassen. Die iranischen Freunde von Jihane* und Bahram* feiern die Taufe des Ehepaars. Am Abend zuvor hatten die beiden ihr Leben Jesus anvertraut. Es folgte ein ausgelassenes persisches Fest bis tief in die Nacht. Und da Bahram heute frei hat, wird die Chance gleich genutzt für die Taufe. Es fliessen Tränen der Dankbarkeit, der Befreiung, der Hoffnung: »Als ich mich dafür entschied, Jesus nachzufolgen, fand ich in ihm meinen Erretter und Erlöser«, sagt Bahram. Und Jihane fügt an: »Ich bezeuge vor der ganzen Welt, dass ich mein Leben Jesus anvertraut habe. Das Gefühl bei der Taufe war unbeschreiblich! Es fühlte sich an wie die Befreiung aus einem Käfig.«

Freunde und Hoffnung gefunden
Jihane und Bahram kamen in der Türkei mit den AVC-Partnern Sara* und Hadi* in Kontakt. Diese hatten als bekennende Christen in ihrem Heimatland Iran viel Unrecht und Verfolgung erlitten und mussten ebenfalls fliehen. Das Ehepaar betreut nun ihn ihrem Exil in der Zentraltürkei Flüchtlinge, hilft ihnen praktisch und geistlich, spricht unermüdlich über den christlichen Glauben (mehr zu ihrer Geschichte im Video). Taufen sind ein schönes Highlight in ihrem Dienst.

Aus Wut in die Tiefe gestossen
Für Jihane und Bahram bedeutet dieser Glaubensschritt einen Neuanfang mitten im Elend. 2017 waren sie mit ihrem sechsjährigen Sohn Mojtaba* als politisch Verfolgte aus dem Iran geflohen. Jihane, ausgebildete Psychologin, hatte nicht tatenlos zusehen wollen, wie Aktivisten reihenweise inhaftiert wurden. Sie sammelte Unterschriften für die Freilassung eines Oppositionellen. Bei der Übergabe der Unterschriften beim zuständigen Amt geschah das Unfassbare: Ein Beamte wurde derart wütend, dass er Jihane angriff und über eine Brüstung stiess. Sie stürzte rückwärts zwei Stockwerke tief und blieb schwerverletzt liegen. Ihr Rücken und ihr rechter Fuss waren komplett zertrümmert. Noch heute leidet sie stark an den Folgen dieser Gewalttat.

Aus der Heimat in die Unsicherheit
Von diesem Moment an war das Ehepaar auf dem Radar des iranischen Regimes, denn auch Bahram war politisch aktiv. »Wir hatten eine extrem schwierige Zeit«, erzählt er. »Wir wurden ständig vom Geheimdienst bedroht, der immer mehr Druck auf uns ausübte. Es blieb uns schliesslich nichts anderes übrig, als unsere Heimat zu verlassen.« Für Jihane war das ein unfassbar grosser Schritt: »Aus dem Iran zu fliehen bedeutete für uns, unser ganzes bisheriges Leben hinter uns zu lassen: unser Hab und Gut, unsere Familie, die Verwandten, alle Freunde, unsere Heimatstadt. Wir sind mit nichts aufgebrochen zu einem unbekannten Ort, in eine unbekannte Zukunft.«

Ausbeutung im Exil
Nun sind sie, wie viele ihrer Leidensgenossen, in der Türkei gestrandet. Mit einer staatlichen Unterstützung von umgerechnet nur 200 Franken im Monat für die ganze Familie, ohne Krankenversicherung und ohne Arbeitserlaubnis, halten sie sich nur knapp über Wasser. Bahram, eigentlich gelernter Schneider, schuftet gezwungenermassen illegal als Aluminiumgiesser für einen ausbeuterischen Lohn in Zwölf-Stunden-Schichten. Ein harter und gefährlicher Job, der auch körperlich seinen Tribut fordert.

Rührende Sorge um autistischen Sohn
Doch kaum zu Hause, kümmert sich Bahram rührend um Mojtaba, füttert ihn wie ein Kleinkind und schaukelt ihn in den Schlaf. Der Sohn des Ehepaars ist Autist und spricht nicht. Obwohl er schon zwölf Jahre alt ist, kann er kaum gehen und braucht für alles die Unterstützung seiner Eltern. Unter den widrigen Umständen erhält Mojtaba nichts von der Förderung, die für ihn so wichtig wäre.

Jahrelange Ungewissheit – auch für Christen
Die Familie wartet nun schon seit sechs Jahren darauf, dass ihr Asylantrag bearbeitet wird und sie weiterziehen können. Denn wirklich frei und sicher sind sie hier nicht. Wie Jihane und Bahram geht es auch vielen anderen, zum Beispiel Christen, die wegen ihres Glaubens im Iran verfolgt wurden und fliehen mussten. Manche stecken seit zehn und mehr Jahren in der Türkei fest. Die Asylverfahren ziehen sich hin. Aufgrund der harten Bestimmungen können sich die Flüchtlinge hier keine Zukunft aufbauen, und viele leben in Armut.

Keine Besserung in Sicht
Dazu kommt die permanente Angst vor einer Rückschaffung. Die Geflohenen fürchten den langen Arm des iranischen Geheimdienstes, selbst im Exil. Dazu kommt das Bangen um die Zurückgebliebenen, die Sorge um Freunde und Familie im Iran. Denn die politischen Spannungen im Iran sind anhaltend hoch. Wer nicht spurt, wird vom Regime rücksichtslos und mit zunehmender Härte verfolgt. Das gilt für Oppositionelle ebenso wie für die Farsi sprechenden Christen im Land.

Hoffen auf Gottes Hilfe
Trotzdem wächst die Untergrundkirche im Iran rasant und – wie unser Beispiel zeigt – auch darüber hinaus unter Iranerinnen und Iranern im Exil. Auch wenn sich an ihren aktuellen Lebensumständen äusserlich nichts verändert hat, so haben Jihane und Bahram doch neuen Mut geschöpft: »Wir haben unsere Hoffnung in Christus gefunden«, sagt Jihane. »Ja, es ist alles sehr unsicher. Aber ich glaube, dass Gott unsere Situation kennt und uns durchhelfen wird.«

* Namen geändert



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