Eine Stimme im Leid
Indien, Bundesstaat Chhattisgarh: 200 Christen wurden zu Weihnachten des vergangenen Jahres aus ihren Dörfern vertrieben und von radikalhinduistischen Terroreinheiten verprügelt, weil sie nicht zu ihrem früheren Stammesglauben zurückkehren wollten (wir berichteten). AVC finanziert Soforthilfe für die Opfer und entschädigt Juristen, die Beweismaterial sammeln, die Täter anzeigen und die Delikte in Delhi vor Gericht bringen.
Verfolgten eine Stimme geben
Die Verfolgung von Christen im Bundesstaat Chhattisgarh beschränkt sich aber nicht auf diesen einen spektakulären Fall. In den darauffolgenden Monaten haben sich so viele weitere Gräueltaten ereignet, dass es ein ganzes Team von engagierten Personen braucht, um Beweismaterial sicherzustellen. Der Leiter dieses Teams ist Aadhi*. Der 72-jährige Christ, ein ehemaliger Industrieller, sieht es als seine Berufung an, gegen diese Ungerechtigkeiten zu kämpfen: »Die Christen haben keine Stimme – niemanden kümmert es, wenn sie leiden.«
Erschwerend ist, dass die Verbrechen oft an Orten geschehen, die nur nach tagelangem Fussmarsch durch den Dschungel zu erreichen sind. In christlichen Gemeinden in grösseren Ortschaften hat es sich aber mittlerweile herumgesprochen, dass Aadhi und sein Team auf Fälle von Christenverfolgung spezialisiert sind. Die herbeigerufenen Helfer reagieren schnell und reisen hin. Aber auch sie werden oftmals angegriffen, weil es Leute gibt, die verhindern wollen, dass sie den Tatort erreichen.
Wie die Verfolgung in diesem Teil Indiens aussieht, zeigen die folgenden Berichte.
Erst Druck zwingt Polizei zum Handeln
Jamini* und ihr Mann Deepon* haben zwei Kinder. Als beide Kinder unerwartet sterben, verfällt Deepon in eine Depression. Kurze Zeit später wird er Christ. Im Dorf wird er immer wieder gemahnt, er solle aufhören Jesus nachzufolgen und wieder die lokalen Götzen anbeten. Der Hindu-Priester beschuldigt ihn sogar, mittels schwarzer Magie den Tod von Dorfbewohnern herbeiführen zu wollen.
Am 10. April dieses Jahres wird das Ehepaar mitten in der Nacht in ihrem Haus von sechs Männern im Schlaf überwältigt. Sie schleifen Deepon auf die Strasse und steinigen ihn. Die Frau kann sich zu Nachbarn retten. Als die Mörder weg sind, kehrt sie zurück. Sie ruft die Polizei, aber diese will nicht kommen. Jamini darf Deepon drei Tage lang nicht bestatten. Dies gilt als Strafe, denn bei der hohen Luftfeuchtigkeit im Dschungel setzt die Verwesung sehr früh ein. Die Leute spotten über den Verstorbenen und dessen Familie.
Der daraufhin eingeschaltete Aadhi schafft es, den Polizeichef des Bundesstaates zu bewegen, sich des Falles anzunehmen. Dieser reist höchstpersönlich mit dem Helikopter aus der Hauptstadt an, untersucht den Fall und sammelt Beweismaterial. Es wird einiges aufgedeckt. Inzwischen sind alle sechs Täter im Gefängnis. Die Bereitschaft ihres Mannes, für seinen Glauben zu sterben, beeindruckt Jamini tief – nach Deepons Tod findet auch sie zu Jesus.
Unbeirrt bis in den Tod
Dank einer übernatürlichen Heilung nehmen Harleen* und ihre Eltern Jesus an. Dagegen regt sich heftigster Widerstand seitens des Ehemanns und der Schwiegereltern. Sie verlangen von Harleen, sich von ihrem neuen Glauben loszusagen. Als sie sich weigert, wird sie mit Essensentzug bestraft. Nur ihre Mutter besucht sie jeden Tag und bringt ihr Lebensmittel, die sie heimlich draussen in einiger Entfernung vom Wohnhaus zu sich nehmen muss.
Eines Abends, als die Mutter wieder mit Essen kommt, hört sie, wie ihre Tochter im Haus geschlagen wird. Doch es klingt schlimmer als sonst. Sie rennt nach Hause und holt ihren Mann. Als die beiden eintreffen, ist es bereits zu spät – Harleen wurde erwürgt, in einen Sack gesteckt und in den Fluss geworfen. Weil Schmiergelder an die Polizei bezahlt werden, sind die Mörder immer noch flüchtig.
Von diesem Geschehnis sind die Eltern und Geschwister der Ermordeten immer noch traumatisiert. Zudem erleiden sie selbst Verfolgung: Im Dorf wird ihnen verboten, Quellwasser zu beziehen. Sie müssen sich mit schmutzigen Pfützen begnügen. Die Dorfbewohner drohen: »Sagt euch los von eurer Religion, sonst töten wir euch!« Doch die Familie hält unbeirrt an Christus fest.
Blindwütige Vertreibung
Weil ihre Kinder krank sind, häufen drei Brüder Schulden an, um Ärzte und Hindu-Priester zu bezahlen. Doch diese können ihren Kindern nicht helfen. Die Männer hören von Jesus, und als einige Christen mit ihren Kindern beten, werden diese gesund.
Die Brüder beginnen, Jesus nachzufolgen. Dies weckt das Missfallen der Dorfbewohner. Sie schlagen die Männer, zerstören ihre Häuser und Reisfelder und vertreiben sie samt ihren Familien aus dem Dorf: »Wenn ihr zurückkommt, bringen wir euch um, selbst wenn wir dafür ins Gefängnis gehen«, rufen sie ihnen hinterher. Eine ganze Weile müssen sie sich ausserhalb des Dorfes verstecken. Jetzt aber wollen sie in ihr Dorf zurückkehren: »Wenn wir den Menschen dort nicht von Jesus erzählen – wie sollen sie dann gerettet werden?«