AVC Philippinen Kinder
22. November 2021

Schrecken mit Langzeitfolgen

PHILIPPINEN
Sexueller Missbrauch von Kindern auf den Philippinen ist zu einer »Pandemie« geworden. In unserem »House of Hope« finden viele eine neue Zukunft.

»Da bin ich nochmals mit dem Schrecken davongekommen.« Wenn wir das sagen können, mag das Leben danach im normalen Trott weitergehen. Für die Kinder, die wir auf den Philippinen betreuen, ist das Danach meist ein langer und steiniger Weg. Sexueller Missbrauch von Kindern auf den Philippinen ist zu einer »Pandemie« geworden.

Traumatisierung zuhause

Armut, fehlende Bildung, Alkohol- und Drogenmissbrauch und teils selbst erlebter Missbrauch lassen Eltern oft zur Bedrohung für ihre Kinder werden. Übergriffe seitens der Eltern oder das Unterstützen von sexueller Ausbeutung ihrer Kinder gegen Geld, gehört in den Slums zur tragischen Normalität. Das wird auch dadurch gefördert, dass nach dem philippinischen Anti-Vergewaltigungsgesetz von 1997 das derzeitige Mindestalter für die Einwilligungsfähigkeit in sexuelle Handlungen bei 12 (!) Jahren liegt. Es gehört damit zu den niedrigsten der Welt. Erwachsene können so bedenkenlos Kinder ab 12 Jahren missbrauchen und behaupten, es sei einvernehmlich gewesen.

Traumatisierung auf der Strasse
Unsere Kindertagesstätte in Tondo wie auch unsere zwei Kinderzentren sind heute Anlaufstellen für solche Kinder geworden. Die Geschichte der Kids ist vielfach die gleiche: Missbraucht, nicht selten vom Vater, verlassen sie ihr Zuhause. Um auf der Strasse zu überleben, schliessen sie sich, manchmal nur 9 Jahre alt oder sogar jünger, Strassencliquen an. Junge Mädchen und auch Jungs prostituieren sich, damit sie etwas zu Essen kaufen können. Mädchen haben früh einen Freund, werden durch ihn oder durch ihre »Arbeit« schwanger. Ihre Kinder setzen sie aus, weil sie sich nicht um sie kümmern können oder wollen. Kids, die so ein Leben führen müssen und das Teenie-Alter erreichen, sind fast nicht mehr zu rehabilitieren. Zu sehr haben sie sich an dieses entwürdigende Leben auf der Strasse gewöhnt.

Heilung im »House of Hope« 
Unser kleines Zentrum in Tondo ist eine Anlaufstelle für solche Jungs und Mädchen geworden. Hier bekommen sie etwas zu Essen, können sich waschen und wir bieten Gespräche an. Und es gibt – Gott sei Dank – auch immer wieder Kinder, die aus diesem Strassenleben herauskommen wollen und unsere Hilfe annehmen.

Rube Lou lief mit neun Jahren von Zuhause fort, weil sie die Übergriffe des Vaters nicht mehr aushalten konnte. Sie lebte unter Brücken, im Müll, suchte Schutz bei unterschiedlichen Strassenhändlern, die sie mit Essen versorgten. Mit elf Jahren kam sie das erste Mal in unsere Tagesstätte in Tondo und bat um Essen. Sie nahm unser Angebot an, bei uns im Kinderhaus zu wohnen. Damit begann für sie der Weg der Veränderung.

Ailyn und Mariza wurden als Kleinkinder ausgesetzt. Sie hatten Glück und wurden von einer Familie aufgenommen. Doch der gute Anfang mündete in dauerhafte sexuelle Übergriffe des Pflegevaters. Erst nachdem sich die Missbrauchsopfer mit ca. elf Jahren anderen Kids anvertrauten, die wiederum ihre Eltern informierten, wurde die Polizei eingeschaltet. Ailyn und Mariza wurden aus dieser unerträglichen Situation befreit und kamen über das Sozialamt in unser Kinderdorf. Die physischen Schäden solcher Kinder treten oft erst später zu Tage. Wenn die Mädchen 14, 15 Jahre alt sind, merken wir, wie viele Verhaltens- und auch Denkweisen es zu korrigieren gilt. Hier das richtige Mass an Sensibilität, Verständnis und Strenge zu finden, stellt die Mitarbeiter vor Herausforderungen. So suche ich das Gespräch mit Psychologen und Therapeuten. Wer in diesem Bereich Fachkompetenz hat und helfen möchte, ist herzlich zu einer Schulung unserer Mitarbeiter auf den Philippinen willkommen.

Kinder im Fokus
Ungezählte Kinder sind ungewollt, werden vernachlässigt, ausgesetzt, missbraucht. Ein grosser Teil von ihnen endet auf den Strassen von Manila. Ihr Elend zu sehen, zerreisst einem das Herz. Unser Einsatz zielt darauf ab, diese Kids zu finden und ihnen ein neues Zuhause zu geben. Ein Zuhause, in dem sie geliebt und umsorgt werden. Unsere grösste Freude ist es, wenn wir ein Kind in eine Familie vermitteln können.

Anthony war nur wenige Tage alt, als er einfach neben einer Kirche abgelegt und sich selbst überlassen wurde. Gott sei Dank wurde er rechtzeitig gefunden und kam über die Sozialbehörde zu uns. Da nichts über ihn und seine Herkunft bekannt war, wurde er nach der Kirche benannt, wo er gefunden wurde (Kirche des Heiligen Anthony de Padua). Etliche Monate und viel Papierkrieg später konnten wir ihn in unser Adoptionsprogramm aufnehmen. Der kleine Bursche ist gesund und entwickelt sich prima. Er ist ein aufgeweckter und charmanter Junge. Wir sind überglücklich, dass er nach zwei Jahren bei uns neue Eltern erhalten hat.

Isidore wurde unmittelbar nach seiner Geburt auf einem Abfallhaufen, unweit einer kleinen Kirche, zum Sterben zurückgelassen. Er war noch völlig blutverschmiert, als man ihn fand. Ein schockierendes Bild. Entsorgt wie ein Stück Dreck. Einfach unglaublich traurig. Es war sein lautes, herzzerreissendes Schreien in den frühen Morgenstunden, das die Aufmerksamkeit des Pastors jener kleinen Kirchgemeinde erregte. Dieser kümmerte sich sofort um das Baby und übergab es den zuständigen Behörden. So kam also auch der kleine Isidore zu uns. Auch für ihn konnten wir eine Adoptivfamilie finden. Wir sind einfach begeistert. Besonders, weil die neuen Eltern gläubige Christen sind. Es ist immer unser Gebet, dass unsere Kinder in gute (christliche) Familien kommen. Die neuen Eltern von Isidor hatten viele Jahre für ein Adoptivkind gebetet. Sie wollten, dass Gott es für sie aussuchen sollte. Die Freude war auf allen Seiten gross: Gott hat unser aller Gebet erhört.

Das Elend und das Leiden so vieler Kinder ist überwältigend. Ich bin dankbar, dass wir immer wieder einigen von ihnen helfen können.

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